Geschichte kann man auch lernen, ohne es zu merken.
Die Didaktiker an den Universitäten lassen sich auf Spielchen im Unterricht kaum ein. Und in der praktischen Geschichtsvermittlung sind Experimente auch nur selten gewünscht. Dabei gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Hauptsache, das Lernen erfolgt unbewusst, gewissermaßen nebenbei. Also Spannung und Spaß müssen im Vordergrund stehen: In der Gemäldegalerie Details suchen (den Blitz im Gewitterbild) statt gleich mit dem Namen des Künstlers ins Haus fallen, im Mathematisch-Physikalischen Salon den trommelnden Wecker-Bären und den Faltglobus besuchen. Wenn man um die Kleinigkeiten eine schöne Geschichte herum erzählt, hören die Kinder von alleine zu und sammeln nebenbei die Fakten ein.
Zwei weitere Beispiele:
Schüler verstehen den Spanischen Erbfolgekrieg besser, wenn man ihn als Fußballspiel auf einem grünen A2-Blatt nachvollzieht. Die Schüler stehen in zwei Gruppen um den großen Kartentisch herum und haben zwei verschiedenfarbige Filzstifte. Jede Gruppe hat eine kurze Zusammenfassung des Krieges dabei. Zunächst werden die wichtigsten Diplomaten (Abwehr), Herrscher (Mittelfeld) und Feldherren (Stürmer) der Koalitionspartner als die Spieler mit Namen auf dem Feld notiert, wobei die Aufstellung (Viererkette oder nicht) egal ist. Hier muss man sich zwangsweise auf elf Leute auf dem Platz beschränken, kann aber die sich ändernden Koalitionen als "Auswechslungen" darstellen. Dann wird von jedem Schüler ein kurzer Abschnitt der Kriegsgeschichte vorgelesen. Mit entsprechenden Strichen werden die Angriffe simuliert. Jede gewonnene Schlacht bzw. jedes Zugeständnis bei den Verhandlungen gilt als ein Tor. Bevor 1711 die Kriegswende geschieht,ist Halbzeit. Alle werden wetten, dass Frankreich diesen Krieg verliert. Dann ist die Überraschung groß, dass es am Kriegsende seine sehr starke Position behalten hat. Diese Variante ist mit Lehramtsstudenten der TU Dortmund erprobt und funktioniert wirklich.
Spielerisch kann man schon Vorschulkindern ein Verständnis von langen Zeiträumen vermitteln. Leider kranken viele gut gemeinte Zeitleisten in den Museen daran, dass zwischen den Einträgen die Abstände gleich groß sind - egal, ob 50 Jahre vergangen sind oder 500. Auf diese Weise kann ein Kind kein Zeitgefühl für Jahrhunderte entwickeln. Wie wäre es statt dessen damit:
Man nehme: ein langes Stück Strick u mache nach beispielsweise 5 cm, 35 cm und 3 Metern eine Markierung. Jeder cm entspricht einem Jahr. Dann lege man den Strick der Länge nach hin. Nach 5cm wird ein Spielzeug Kinderwagen oder ein Nuckel gelegt. Bei 35 cm ein Bild der Mama u bei 3 Metern ein Bild von August dem Starken, dem berühmten sächsischen Kurfürsten (1670-1733).Jetzt kann das Kind sehen, wie nah von heute an seine Geburt (5 cm) ist und wie weit Mamas Geburt zurückliegt und die Regierungszeit von Kurfürst August dem Starken. Das kann man auf alle möglichen Ereignisse anwenden. Noch eindrucksvoller wird es, wenn mehrere Sinne angesprochen werden. Wenn Weihnachten 1 Jahr her ist, sollte nach 1 cm eine kleine Räucherkerze angezündet werden. Genauso kann man Erfindungen des Alltags (Auto, Fernseher, Elektrizität) verorten und dem Kind bewusst machen, dass, als die Oma noch klein war, noch ganz andere Lebensgewohnheiten herrschten. Übrigens kam bei meinem Sprössling natürlich gleich die Preisfrage aller Jungs. Hier die Antwort: Um zu den Dinosauriern zu gelangen, müsste man den Strick bis nach Australien spannen, wohin ein Flugzeug 24h ununterbrochen fliegen müsste. Dieses Bild verstehen schon 5jährige und haben dann einen Höllenrespekt vor den "Millionen Jahren".
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