Christian Leberecht Vogel von Vogelstein: Die Kinder des Künstlers, 1793 |
Was fehlt, ist eine kindgerechte, in eine circa 100 Seiten lange, spannende Erzählung gepackte Heranführung an verschiedene Persönlichkeiten, gewissermaßen ein "Best of" in einem Vorlesebuch für 5-8jährige Kinder. Ein solches Buch, wie es mir vorschwebt und wie ich es bereits begonnen habe, entführt die Kinder in einer Rahmenhandlung zu Schauplätzen der Geschichte. Schauplätze allerdings, die nicht immer die bekanntesten sind. Und diese Geschichten werden aus mehr als einem Blickwinkel präsentiert. Es sind keine Schlachten, denn die Politikgeschichte soll hier etwas zurückstehen. Vielmehr sind es oft die kleinen Momente, die hinter den großen Ereignissen der Menschheitsgeschichte stehen. Welche genau thematisiert werden, soll hier (noch) nicht verraten werden. Es sollen jedenfalls nicht die schon weithin bekannten Anekdoten widergekäut werden, die scheinbar als einzige bisher für kindertauglich befunden wurden.
Der Clou: verschiedene Persönlichkeiten und literarische Figuren gelangen durch einen Zauber mit ins Geschehen und begleiten die Kinder zu diesen Ereignissen. Das kommt der magischen Phase dieser Altersgruppe entgegen. Um die Kinder dort abzuholen, wo sie heute sind, gibt es spielerische Elemente der Digital Humanities, und es gibt die Zeitlupenfunktion. Durch die gelegentliche Verlangsamung der Erzählung hat der kleine Leser die Zeit, sich in Gefühle und Gedanken der Protagonisten einzufühlen. Die Freundschaft mit starken Charakteren, die stärkt die Kinder. Es ist eine entschleunigte, mit Spannung, überraschenden Wendungen und spaßigen Einlagen versehene Zeitreise kreuz und quer durch mehrere Jahrhunderte. Durch das zentrale Muster der Freundschaft und die Reflexion der beobachteten Entscheidungen werden den Lesern Werte vermittelt. Zugleich erfahren sie, wie sich Kulturen und Lebensweisen änderten. Die zeitliche Entfernung wird mit einem ganz speziellen Gefühl gekoppelt, so dass sie mit den zeitreisenden Helden des Buches spüren, wie sich lange, sehr lange Zeit von vielleicht 800 Jahren und wie sich im Vergleich dazu eine "kurze" Zeit von 50 Jahren anfühlt. Das Wissen über die Ereignisse löffeln sie nebenbei. Und sie erwerben ein Netz von Grundwissen, Allgemeinwissen zur Geschichte, das ihnen helfen wird, später in der Schule zu lernende Ereignisse besser einzuordnen. Dass ein qualitätsvolles Kinderbuch mit ansprechenden Illustrationen versehen sein muss, versteht sich von selbst. Interessanterweise unterscheidet die Buchbranche nur "Bilderbuch" für 0-8jährige und "Kinderbuch" für 8-12jährige. Als ob es nichts dazwischen geben müsse! Zu dem Buch "Biografien berühmter Frauen für Kinder und Jugendliche" steht in einer Rezension: "Es liegt in der Natur der Sache, dass es für kleinere Kinder deutlich weniger Auswahl gibt, für die ganz Kleinen ist die Auswahl leider auf Prinzessinen und Heilige begrenzt. Die meiste Auswahl gibt es für die Altersgruppe ab 14." Auch die "Kurze Weltgeschichte für junge Leser" von 1935 (!) besteht aus einzelnen Streifzügen, aber nicht aus einer ineinanderverwobenen Geschichte. Es ist Zeit für ein neues Buch, das kleine Kinder an die Geschichte heranführt. Denn die neue Zeit der Digitalisierung bringt Kinder hervor, die ein anderes Buch neuerer Art brauchen. Oder sollte es sowas schon geben?!
Jedenfalls hat mein Projekt "Ein neues Kinderbuch zur Geschichte" bereits begonnen. Und es hat auch schon einen Namen. Seeing, what's next...
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